Sie ist dann mal weg…
… und lässt ein paar Pfeifen nur zurück…
Wieder einmal hatte ich Besuch von meiner orgelbegeisterten Freundin Cäcilia. Ihr war nicht entgangen, dass es mir schwerfiel, mich auf sie zu konzentrieren.
Cäcilia: „Wie bist Du denn drauf?“
Ich: „Weißt Du noch, wie das war, als Kind kurz vor Weihnachten?“
C: „Wieso Weihnachten?“
I: „Na, mit der Spannung und der Aufregung!“
C: „Klar: man wird nach und nach immer hibbeliger, freut sich auf die Geschenke, fragt sich, was man wohl bekommen wird, aber hat das Gefühl, dass nie Weihnachten wird, weil die Zeit schleicht und nicht vom Fleck kommt. Da steigt die Spannung dann immer weiter, dass es sich gar nicht mehr aushalten lässt.“
I: „Genau. Und wenn es dann endlich soweit ist, weiß man gar nicht, wie man damit umgehen soll, alles überwältigt einen und wirkt so surreal.“
C: „Stimmt! Aber wieso kommst Du jetzt darauf? Bis Weihnachten ist doch noch ein bisschen hin….“
I: „Mein Zustand hat auch noch nichts mit Weihnachten zu tun, sondern mit der Orgel in der St. Nicolai-Kirche: darauf, dass es mit der Restaurierung losgeht, warten wir mittlerweile ja nicht nur eine Adventszeit lang, sondern schon viele Jahre. Endlich ist es soweit, der Ausbau der Orgel läuft, die historischen Pfeifen werden in die Orgelbauwerkstatt in den Niederlanden geschafft und in der Kirche können die Restaurierungsarbeiten im orgelnahen Bereich beginnen. Bis die Orgel dann 2020/21 wiederkommen wird, gibt es da auch genug zu tun. Eine Zeit lang habe ich kaum noch geglaubt, dass das Projekt jemals zustande kommen wird. Und dass wir nun so weit sind, hat für mich dann doch schon ganz viel von dem kindlichen Glücksgefühl zu Weihnachten.“
C: „Und was macht euch euer Organist dann in den Gottesdiensten? Auf dem Kamm blasen?“
I: „Nein, natürlich nicht; zum Glück stellt die Orgelbaufirma ein Ersatzinstrument zur Verfügung. Es erklingt also auch weiterhin eine Orgel im Gottesdienst, wenn auch nur eine deutlich kleinere. Und Konzerte gibt es natürlich auch weiterhin, nur dann erstmal ohne Orgelschwerpunkt. Glücklicherweise ist Akustik in der St. Nicolai-Kirche auch für andere Musik hervorragend geeignet.“
C: „Okay“ Ich werde wiederkommen!“
Für die Orgelsanierung werden alle historischen Pfeifen gründlich untersucht, dokumentiert und wieder in den urspünglichen Zustand gebracht. Fehlende Pfeifen müssen in historischer Bauweise nachgebaut werden. Auch alle anderen Teile wie Windladen, Mechanik und Klaviatur werden demontiert. Alle wieder verwendbaren Teile werden in die Werkstatt des Orgelbauers gebracht.
Nach der Restaurierung der Pfeifen, der Restaurierung und Teilrekonstruktion des Gehäuses und dem Neubau der technischen Anlage werden alle Teile wieder in das historische Orgelgehäuse in Mölln eingebaut. Nach der Montage erfolgt die Intonation des Pfeifenwerks in der St. Nicolai-Kirche.
Die relativ gut erhaltene farbliche Gestaltung des Orgelgehäuses orientiert sich auch heute an der Fassung von Bünting und wird dementsprechend nur an schadhaften Stellen ausgebessert.
Neben der Wiederherstellung der Orgel sind auch am Gebäude der St. Nicolai-Kirche begleitende Baumaßnahmen erforderlich, die im direkten Zusammenhang mit der Orgelsanierung stehen.
So benötigt die erneuerte Orgel möglichst stabile klimatische Verhältnisse mit einer relativen Luftfeuchtigkeit um die 60 %. Die Beheizung und Befeuchtung der Kirche müssen entsprechend angepasst werden. Dafür wird die Kirche eine neue Gasheizung erhalten. Einige notwendige Umbauten im direkten Umfeld der Orgel, u.a. die Tragekonstruktion der Orgelempore, werden erst mit der Demontage und der Neuplanung der Orgel genauer ersichtlich sein. Auch die elektrische Anlage ist den neuen Gegebenheiten anzupassen. Außerdem werden die Wand- und Gewölbeflächen in dem Kirchenjoch, in dem die Orgel steht, sorgfältig gereinigt, ausgebessert und mit einem Instandsetzungsanstrich versehen.
Hartmut Ledeboer