Ein Werkstattbesuch in Holland

Meine orgelbegeisterte Freundin Cäcilia hatte gehört, wir seien unserer Scherer-Bünting-Orgel  wegen nach Holland gereist: „Die Orgel ist doch gerade erst ein paar Monate weg. Gibt es da jetzt schon etwas zu hören? Oder Langweilt ihr euch, wenn ihr euch eure Orgel nicht ständig anschauen könnt?“ „Töne auf unserer Orgel gab es natürlich noch nicht zu hören, aber es war schon sehr interessant, sich von den Orgelbauern erzählen zu lassen, welche Erkenntnisse beim Abbau der Orgel in Mölln zutage getreten sind. In der Werkstatt laufen erstmal die Untersuchungen der Pfeifen noch weiter, die die Grundlagen für das genaue Konzept der Orgel darstellen. Und da sich herausgestellt hat, dass am Rückpositivgehäuse nichts mehr vom Orgelbauer Bünting aus dem 18. Jh. stammt, muss da ganz neu gedacht werden.“

„Ach, ich dachte, das sei im 19. Jh. ab- und im 20. wieder drangebaut worden…?“ „Ja, das hatten wir so vermutet; die Bauforschung hat  beim Abbau aber festgestellt, dass das gesamte Rückpositivgehäuse noch keine 100 Jahre alt ist, nur die Brüstung der Empore stammt zumindest vom Umbau durch Marcussen Mitte des 19. Jh.; damit muss die Planung jetzt weitergehen. Dafür sind in der Orgel unerwartet noch alte Balken aufgetaucht, die Hinweise auf die alte Orgel geben. Und im Turmraum hinter der Orgel kamen eindeutige Hinweise zutage, wo früher die Blasebälge gewesen sind. Im Computermodell konnten wir uns die neuen Bälge als Ganzes schon anschauen, in der Werkstatt waren die ersten Teile gerade fertig.“ „Richtig greifbar, also zum Anfassen…?“ „Ja, genau, aus Kiefernholz! Überhaupt ist ein Besuch in dieser Werkstatt beeindruckend: Herr Winkel, der Direktor der Firma, erklärt mit viel Geduld jedes Detail in seinem Betrieb: Wie sie die Metallplatten gießen, aus denen sie dann die Pfeifen bauen, wie sie die richtige Mischung der Metalllegierung hinbekommen, wie sie diese Platten dann hobeln und hämmern, teilweise mit selbst entworfenen Maschinen.  Dann stehen und liegen da Pfeifen herum von all den Orgelprojekten, an denen sie gerade arbeiten. Und in der Holzwerkstatt sieht man dann im Detail, wie die Mechanik einer Orgel funktioniert, mit Tastatur und Pedal, mit Windkanälen für die Luftversorgung, mit den Windladen, damit jeder Ton auch im richtigen Moment seine Luft bekommt, und natürlich den Blasebälgen.“

„Wenn du das so erzählst, bekomme ich richtig Lust, mir das auch einmal anzuschauen. Meinst Du, das wäre möglich?“ „Aber natürlich! Herr Winkel hat uns eingeladen, zusammen mit allen an unserer Orgel Interessierten einen Besuch bei ihnen in der Werkstatt zu machen. Das werden wir auch organisieren, allerdings lohnt sich das sicherlich noch mehr, wenn in der Werkstatt schon viele Teile von unserer Orgel sehen sind. Das wird sicherlich erst im nächsten Jahr so weit sein.“

„Okay, das klingt gut; ich bin dabei!“

 

Hartmut Ledeboer